In der jüngsten Schramberger Gemeinderatssitzung am vergangenen Donnerstag fanden sich viele Betroffene aus der Lehrer-, Schüler- und Elternschaft im Bärensaal zusammen. Thema des Abends war die Dauerbaustelle Gymnasium, der sich die Firma KTL-Architekten aus Rottweil seit März angenommen hat. Ohne Umschweife übergab Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr dem vierköpfigen Architektenstab das Wort.
Ich würde meine eigenen Kinder auf die Schule schicken.“
Benjamin Schmider, KTL-Architekten
Nachdem Benjamin Schmider zunächst ein paar Worte über das Unternehmen und dessen „wahnsinnige Erfahrung“ verlor, versuchte er alle auf denselben Wissensstand zu bringen. Schließlich stecke im Gymnasium viel Schadstoff, was für die damalige Bauweise jedoch üblich war. Dennoch sorgte eine Abbildung mit den roten Schadstoffbereichen für Gelächter im Saal, da alle Wände eingefärbt waren. Der Experte betonte allerdings, dass es sich um gebundene Schadstoffe halte, die nur bei deren Freilegung gesundheitliche Risiken hervorrufen.
Zudem zeigte Schmider den hohen Energieverlust infolge der Betonwände und alten Fenster auf, was „nichts Ungewöhnliches“ sei. Ein weiteres Problem stellt der Brandschutz dar, da durch die offenen Decken Kabelkanäle freilegt sind. Weiterhin erweist sich das Dach als Problemfall, wo „dauerhafter Wassereindrang“ herrsche. Zurückzuführen ist dies auf fehlendes Gefälle ohne Ablaufmechanismus.
Die einzige sinnvolle Maßnahme sei daher eine „Kernsanierung im Innern“, was einen Rückbau „auf den Rohbau“ entspräche, so Schmider. Einige Baumaterialien wie die Brandschutztreppen und die Fenster von 2010 und 2017 „können gehalten werden“, was die Kosten etwas dämpft. Alles in allem stehe das Gebäude gut da, versicherte Schmider.


In Zusammenarbeit mit dem Lehrerkollegium und der Schulleitung erarbeitete das Architektenbüro ein pädagogisches Konzept, das in der Hauptsache aus drei Punkten besteht. Zum einen sei das Lehrerzimmer zu klein. Weiterhin wolle die Schule im Rahmen einer Sanierung die Klassenraumaufteilung neu gestalten und drittens soll ein Teil der Außenpausenfläche in den Bau integriert werden. Alle diese Maßnahmen würden nur minimale Eingriffe bedeuten, da für die Erweiterung des Lehrerzimmers beispielsweise nur die Sanitärzellen verschoben werden müssten. Aufgrund der Schadstoffe in den Fugen und Fliesen müssen diese ohnehin vollständig zurückgebaut werden.
Zum Thema Klassenräume erläuterte Schmider, dass es künftig Jahrgangsmodule geben könne. Dadurch hätte jeder Jahrgang eine separierte Fläche mit einem eigenen Aufenthaltsraum. Für diesen müsse lediglich ein Klassenraum geopfert werden. Waschbecken solle es anstelle von sechs in einem solchen Jahrgangsbereich nur noch zwei geben, was jedoch ohne Kreidetafeln funktionieren dürfte. Alles in allem sagte Schmider, „die Eingriffe sind minimal.“
Zum Ablauf der Sanierung stellte der Architekt den Rat vor die Wahl, ob ein „kompletter Auszug“ stattfinden solle oder Container angeschafft werden sollen. Container könnten beispielsweise auf dem bisherigen Lehrerparkplatz aufgestellt werden, um den Schulhof nicht zu verkleinern. Aufgrund der Clustereinteilung des Gebäudes soll das Gymnasium abschnittsweise saniert werden. In Absprache mit der Schulleitung stellte sich heraus, dass „40 Zimmer im laufenden Betrieb nötig“ wären, weshalb bei den beiden ersten Abschnitten Container zwingend erforderlich seien. Pro Jahr solle ein Abschnitt fertiggestellt werden, sodass mit zwei Jahren Planung die „Bauzeit bis 2031“ gehen werde.
Die Kosten für einen Neubau würden sich derzeit wohl auf rund 48 Millionen Euro belaufen, wobei die Entsorgung der Schadstoffteile nicht eingerechnet sei. Die Option der Sanierung betrage hingegen 37,2 Millionen Euro. Hierin ist bereits eine Kostensteigerung von fünf bis sechs Prozent eingerechnet, allerdings besitze Schmider „keine Glaskugel.“ Den größten Teil bilde die Kernsanierung mit rund 30 Millionen Euro und weitere rund 2,5 Millionen Euro müssen mindestens für die energetische Sanierung angeschlagen werden. Letztere könnten um rund 4,6 Millionen Euro ausgeweitet werden, um auch in Zukunft allen Anforderungen gerecht zu werden. Die restlichen Kosten von 335.000 Euro stellen unter anderem die Wünsche des Lehrerkollegiums dar. Zum Abschluss präsentierte Schmieder noch Referenzprojekte in Rottweil, Villingen-Schwenningen und Schwäbisch Gmünd, bei denen das Unternehmen ähnliche Maßnahmen bereits erfolgreich umsetzte.
Oberbürgermeisterin Eisenlohr dankte für den Sachvortrag und eröffnete die Diskussionsrunde. Zunächst ergriff Thomas Brantner (CDU) das Wort und begrüßte die rege Beteiligung und die „bemerkenswerte Geduld.“ Die Dauerbaustelle stelle eine Zumutung und „einen nicht annehmbaren Zustand dar.“ Er verstehe „eine zweijährige Planungszeit“ nicht. Brantner betonte, „ein Neubau wird von uns abgelehnt.“ In einem Antrag sollte daher die Beschlussfassung verändert werden. Zudem stellte er Fragen bezüglich des Umstieges von G8 auf G9 und den benötigten Klassenräumen sowie den Kosten, da er hier eine zuverlässige Schätzung erwarte, damit am Ende nicht 50 Millionen Euro zu Buche stünden.
Benjamin Schmider verwies im Hinblick auf die Planungszeit auf das öffentliche Vergaberecht. Klassenzimmer wird es nach der Sanierung noch genügend geben und die Kostenrechnung erfolgte bereits mit dem Mittelwert des Baupreisindex von fünf bis sechs Prozent möglicher Preissteigerung. Um den Gemeinderat zu beruhigen, meinte Schmider, dass er seine „eigenen Kinder auf die Schule schicken“ würde.
Jürgen Reuter (Aktive Bürger) verwies auf die Wahlmöglichkeit der Eltern bezüglich der Schulen. Schließlich stammen „zwei Drittel aus Höhengemeinden“, weswegen „sehr viel Überzeugungsarbeit“ nötig sein wird, damit Eltern ihre Kinder in eine Baustelle schicken. Er schlug einen kompletten „Neubau im Stadtteil Sulgen“ vor. Benjamin Schmider entgegnete, dass die Schadstoffe gebunden seien und die Sanierung durch Schleusen vom Schulbetrieb getrennt stattfinden werde. Dies reichte Reuter offensichtlich nicht, der zwischen der rationalen und emotionalen Ebene unterschied. Schließlich gehe es um die Gesundheit der Kinder. Schmider sehe „es aus der Praxis“ und versicherte daher nochmals, dass Fachbüros daran arbeiten werden.
Für Udo Neudeck (Freie Liste/Neue Liste) habe das Gymnasium „oberste Priorität“ am bisherigen Standort. Die Standortfrage sei bereits vor zehn Jahren entschieden worden, weshalb er „weitgehend bei Thomas Brantner“ stehe. Für ihn ist klar „wir brauchen das Gymnasium“, auch wenn dies mit Schulden verbunden ist. „Ich sehe uns in guten Händen“, schloss Neudeck seine Ausführungen.
Tanja Wittkowski (SPD/Buntspecht) schloss sich den Vorrednern an, allerdings sei die Einsparung der 4,5 Millionen Euro „aus unserer Sicht“ der falsche Ansatz. Die Schule müsse den Standards entsprechen. Ihre Fraktion habe einen „Neubau auch diskutiert“, aber sehe darin mehr Nachteile und höhere Kosten. Außerdem vertrete sie die Ansicht, das „Gymnasium soll in Schramberg bleiben.“ Skeptisch betrachtete sie die Maßnahme der Waschbecken und verwies auf die Corona-Zeit.
Ihre Fraktionskollegin Susanne Andreae bezeichnete die Betroffenen als „richtig coole Socken“. Trotz der Dauerbaustelle hätten sich 40 Fünftklässler mehr angemeldet als im Vorjahr, was für die Qualität der Schule spreche. „Pleite sind wir sowieso“, weshalb die Stadt die Sanierung durchziehen müsse, so Andreae.
Auch Dominik Dieterle (CDU) riet dazu, dass sich der Rat „auf die Sanierung festlege“ und das Thema Neubau ad acta lege. Zwar seien die Kassen leer, aber „wir müssen kostengünstig rauskommen“, so Dieterle. Er appellierte an den Mut und mahnte, dass andere Projekte zu streichen seien. Guido Neudeck (SPD/Buntspecht) bestätigte die vorherrschende Meinung, denn einen „Neubau können wir uns nicht leisten.“ Ihn interessierte zudem, ob die Container auch Fachräume enthalten könnten. Benjamin Schmider meinte hierzu, dass die Planungsgruppe „auf die Zusammenarbeit mit den Lehrern angewiesen“ sei, um den Schulbetrieb während dem Bau aufrechterhalten zu können.
Die Frage nach der Umsetzungsmöglichkeit des Schulcampus richtete Volker Liebermann (ÖDP) direkt an den Stadtkämmerer Klemens Walter. Diese werde der Haushaltsplan 2026 zeigen, dessen Rechtmäßigkeit „noch nicht gefährdet“ sei, so Walter. Auch Eisenlohr vertröstete, denn schließlich sei das „Gymnasium als Nächstes dran!“
In der kommenden Gemeinderatssitzung sollen die konkreten Umsetzungen beschlossen werden, während der Rat in dieser Sitzung zunächst die Kenntnisnahme feststellte. Gemäß dem Änderungsantrag der CDU fiel der Neubau aus den Fördermittelanträgen raus, wofür sich 16 Gemeinderäte und -rätinnen aussprachen. Acht der Stimmberechtigten votierten dagegen. Die Verwaltung werde zur nächsten Sitzung genauere Angaben zur Höhe der Fördermittel geben können.